Entdecken Sie Zerbst
sympathisch, gastlich -mehr als 1000 Jahre alt- ist die Heimatstadt von Katharina II,
mit wechselhafter Geschichte, vielen historischen Denkmälern und einer fast vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtbefestigungsanlage.
Zerbst liegt geografisch im Herzen Sachsen-Anhalts in unmittelbarer Nähe der
Weltkulturerbestätten Dessau-Wörlitzer Gartenreich und dem Bauhaus, wenige
Kilometer entfernt von der Elbe mit dem internationalen Radfernweg R2 und dem
Unesco-Biosphärenreservat Mittlere Elbe.
Die mehr als 1000-jährige Geschichte der Stadt ist bei einem Rundgang evtl. mit
Führung sowie beim Besuch der Sammlung Katharina II, die an die Tochter des
Fürstenhauses von Anhalt-Zerbst erinnert, erlebbar. Empfehlenswert ist auch der
Besuch des ehemaligen Franziskanerklosters, das Francisceum. Es beherbergt ein
Gymnasium, das Museum der Stadt Zerbst und eine historische Bibliothek mit
wertvollen Handschriften und Inkunabeln.
Höhepunkte im Jahresverlauf sind die jährlich im Febr./März stattfindenden
Kulturfesttage und die jedes zweite Jahr im April erlebbaren Fasch-Festtage.
Die Stadt Zerbst pflegt mit der Fasch Gesellschaft das musikalische Erbe des Barockkomponisten J.F. Fasch, der als Zeitgenosse von Bach, Händel und
Telemann in der Residenzstadt Zerbst am Hofe wirkte als herausragender Instrumentalkomponist und Kirchenmusiker.
Darüber hinaus versteht man es in Zerbst gemütliche Feste zu feiern. Seit Jahrhunderten ist Zerbst und sein Umland bekannt als gutes Gemüseland, insbesondere
für den Anbau von Spargel. Jedes Jahr Anfang Mai findet nun ein großes Spargelfest
statt sowie am Erntedankwochenende der Bollenmarkt, dem sich die Gewerbefachausstellung Anhalt-Zerbst angeschlossen hat. Aus dem ehemaligen Pferdemarkt,
auch Augustmarkt genannt, ist das im weiten Umkreis beliebte Heimat- und
Schützenfest geworden mit der Pferdemarktlotterie und Reit- und Fahrturnieren.
Zerbst - eine Stadt im Grünen
Der erste deutschsprachige Pflanzenkatalog mit Zeichnungen wurde um 1800
von J.C. Corthum, einem Handelsgärtner aus Zerbst, herausgegeben. Weit über
500 verschiedene Pflanzen hat er während seiner 50jährigen Tätigkeit angebaut.
Darunter viele Besonderheiten, die in den ausgedehnten Grünanlagen von Zerbst
bewundert werden können. Sie umfassen die Innenstadt wie ein Gürtel, angefangen
bei den städtischen Promenaden bis hin zum Schlossgarten und nicht zuletzt der
Rephunsche Garten mit der 1894/95 erbauten Gaststätte am Park.
Der Rephunsche Garten
Schon im 17. Jahrhundert bestand ein großer Garten an dieser Stelle, der mehrmals den Besitzer
wechselte. Im Jahre 1733 erwarb der wohlhabende Königlich Großbritannische Kommissarius
Johann Georg Köhler das Grundstück und ließ den Garten zu einem Park umgestalten. Nach
seinem Ableben ging der Park 1750 an seine Erben, der Familie von Rephun, als gemeinsamer
Besitz über.
Der Sohn eines Erben, Oberforstmeister Ernst Wilhelm Gottlob von Rephun, kaufte 1781 die
schöne Anlage, auf der ein altes Wohnhaus, eine Orangerie, das Gärtnerhaus mit einem Küchengarten und eine Kegelbahn stand und verpachtete diese an einen Gärtner namens Halbentz.
Die Familie des Herrn von Rephun war bürgerlicher Herkunft, erst der Vater ist geadelt worden.
Das Familienwappen, zu sehen im Treppenaufgang des 1894/95 neu erbauten Hauses, zeigt ein
Rebhuhn. Somit erklärt sich nun auch der Name von Rephuns Garten, wonach häufig gefragt wird.
Das Testament oder Der letzte Wille des Herrn von Rephun
Der fürstlich Anhalt-Zerbster Kammerjunker und Oberforstmeister Ernst Wilhelm Gottlob
von Rephun war, als sein Leben zur Neige ging, wohlhabend geworden und hatte weder
Frau noch Kind. Er besaß außer seinem Elternhaus auf der Schlossfreiheit und der 20 Morgen
großen Rephuns Garten Anlage, ein Barvermögen von annähernd 60 000 Talern.
Natürliche Erben wären seine Neffen und Nichten gewesen, denn er hatte vier Geschwister,
denen er sich aber völlig entfremdet hatte. Der alte Herr wollte nun den seiner Meinung nach
unzärtlichen Verwandten so wenig wie möglich zukommen lassen. Er ließ deswegen ein
Testament von 58 Seiten im Großformat aufsetzen und schrieb darin:
"Alle meine Geschwister haben theils ein, auch zweimal geheirathet. Ich kann und verlange
nicht sie zu beerben. Sie werden aber auch nicht verlangen, von mir zu erben, weil mein weniges
Vermögen, welches ich hinterlasse, sonst in zu viele Theile kommen, von geringer Bedeutung
und zu der Absicht, der ich es gewidmet, ganz unzulänglich sein würde. Die schon übergroße
Anzahl edler Bettelleute habe ich durch eine Verheiratung nicht vermehren wollen; ich habe
vielmehr seit etlichen dreißig Jahren mit der größten Anstrengung dahin zu arbeiten gesucht,
um eine Stiftung zum Besten meiner Familie zu gründen, weil es jetzt leider zur Mode werden
will, das Vermögen edler Voreltern, welche dasselbe theils mit vielem Fleiß und Verdruß, theils
mit Leibes und Lebens-Gefahr so sauer erworben haben, auf eine lüderliche Art, besonders
durch Hazard-Kartenspiel und dergleichen durchzubringen. Dergleichen leichtsinnige Menschen,
welche keine Vernunft haben, sollten billig andern zum Exempel zeitlebens in ein Arbeitshaus gebracht werden, um doch einmal nützlich sich zu beschäftigen und ihr Brod verdienen
zu lernen, statt daß sie nur dahin sich zu bearbeiten scheinen, um ihre Kinder und Nachkommen
an den Bettelstab zu bringen."
Sein Groll gegen seine Verwandten ging aber nur gegen die, die mit ihm lebten. Darum richtete
er seine Wohltätigkeit auf spätere Geschlechter. Über diese sollte sich das Füllhorn des
Glücks in reichem Maße ergießen. Darum bestimmte er, das hinterlassene Vermögen solle
150 Jahre lang durch Zinszuschlag, von 60 000 Talern Bestand ausgehend, bis auf (nach seiner
Rechnung) etwa 3,2 Mill. Taler angesammelt werden. Der Fideikommissherr, der nach
150 Jahren in den Genuß des ungeheuren Vermögens kommen sollte, wäre kein "adliger
Bettelmann" gewesen, obwohl er in drei Jahresraten 75 000 Taler der Stadt Zerbst zum
Bau eines Getreidemagazins zur Überwindung teurer Zeiten übergeben sollte. Die Stadt
Zerbst wurde als Nacherbin eingesetzt für den Fall, dass nach Ablauf der 150 Jahre kein
berechtigter Erbe mehr vorhanden sei. Die Stiftung solle dann zu drei gleichen Teilen
verwendet werden zum Bau eines Hospitals für etwa 200 alte Leute, zur Errichtung eines
adligen Fräuleinstifts und eines öffentlichen Krankenhauses, zum dritten zur Anlegung
eines Waisenhauses und einer Witwenversorgungsanstalt.
Nachdem der alte Herr seinen letzten Willen festgelegt hatte, ging er Tag für Tag mit
ruhigem Gewissen, angetan mit einem grünem Frack mit goldenen Knöpfen, das goldbeknopfte
spanische Rohr in der Hand, den Zopf, von dem er nicht lassen konnte, steif geflochten,
von seinem Hause auf der Schlossfreiheit nach dem heidetorschen Gottesacker. Sah
nicht rechts und links, sprach mit niemandem. Auf dem Gottesacker ließ er sich aus
der Gruft seines mütterlichen Großvaters eine Grabstätte bauen. Ließ immer wieder
daran ändern als ob er meinte, so lange sein Grab nicht fertig sei, brauche er nicht zu
sterben. Am 9. Januar 1816, das Grab war noch nicht fertig, ging es mit dem Oberforstmeister
von Rephun zu Ende. Aber der Sarg wurde hineingesetzt und die Gruft geschlossen. Der Unkundige
könnte lange nach dem Denkmal des großen Wohltäters der Stadt Zerbst suchen, er würde
es nicht finden, denn der Name von Rephun steht nicht darauf. Vielmehr ist dort der Name
des Großvaters zu lesen, der Königlich Groß Brittanische Commissarius Johann Georg Köhler.
Als den Hinterbliebenen der letzte Wille des Sonderlings bekannt wurde, wird ihre Liebe zu
dem wunderlichen Onkel nicht gestiegen sein. Es war aber nichts zu machen. Sie gingen so gut wie
leer aus.
Aus all den Plänen des Herrn von Rephun ist nichts geworden. Die Familie von Rephun
ist in allen Zweigen ausgestorben. Die Stiftung schwand dahin durch die Folgen zweier Weltkriege,
Inflation und Währungsreform.
Lediglich die Gaststätte am Rephuns Garten, ein roter Backsteinbau mit vielen Stuckelementen
wurde aus Mitteln der Stiftung im Jahre 1894/95 an stelle des alten Hauses erbaut. 1935 wurde
das prächtige Gebäude renoviert und glatt geputzt, auch aus Mitteln der Stiftung.
Wenn der alte Herr das wüsste, wäre er bestimmt einverstanden, denn so wie er sich die
Verwendung seiner Hinterlassenschaft vorgestellt hatte, konnte sie nicht mehr erfolgen.
1961 waren ganz andere Zeiten, deren Entwicklung er nicht ahnen konnte.
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